Kabinettsbeschluss zum Sorgfaltspflichtengesetz: Viel versprochen, wenig gehalten
Der Schriftsteller Alfred Polgar sagte einst: „Es hat sich bewährt, an das Gute im Menschen zu glauben, aber sich auf das Schlechte zu verlassen.“ Für Gesetzgebungsverfahren scheint das auch zu gelten. Das Verfahren zum Sorgfaltspflichtengesetz ist ein gutes Beispiel dafür: Trotz positiver Versprechen werden zugesagte Inhalte bisher nicht abgebildet, Klauseln für eine zivilrechtliche Haftung versteckt und Stellungnahmefristen in Stunden bemessen.
Zivilrechtliche Haftung droht
Anfang März hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten beschlossen. Positiv fällt auf, dass technisch deutlich nachgebessert wurde. Die Inhalte bilden jedoch weiterhin nicht die Zusagen ab. Vor allem die zivilrechtliche Haftung könnte mit dem Kabinettsbeschluss nun doch angestrebt sein: In den Tiefen der Gesetzesbegründung, genauer in der Begründung zu § 14 („Behördliches Tätigwerden“), findet sich ein harmlos anmutender Passus, wonach das Gesetz neben den Allgemeininteressen auch dem Schutz der Interessen und Rechte Einzelner dienen soll. Diese Formulierung legt nahe, dass das Sorgfaltspflichtengesetz nach dem Willen des Gesetzgebers ein sogenanntes Schutzgesetzwerden soll. Schutzgesetze begründen, sofern die einschlägigen Voraussetzungen des BGB erfüllt sind, einen zivilrechtlichen Anspruch auf Schadensersatz. Es spricht demnach viel dafür, dass die Zusage, keinen neuen zivilrechtlichen Haftungstatbestand zu schaffen, nicht eingehalten wird.
Chemie-Arbeitgeber kritisieren Inhalt und Verfahren
Die „Anhörung“ der Verbände fand am 1. März statt und war mit gut sechs Stunden rekordverdächtig kurz – so kurz, dass sogar der Normenkontrollrat rügte, dass durch „die willkürliche Vorziehung des Kabinettstermins durch den Chef des Bundeskanzleramtes (…) die Beteiligung der Verbände praktisch verhindert [wurde]. Damit fehlt ein wichtiger Prüfschritt der dargestellten Aufwände in diesem Regelungsvorhaben.“
Da die Chemie-Industrie sich bereits seit Jahren für den Schutz von Umwelt
und Menschenrechten einsetzt, haben sich die Allianzpartner von Chemie³, neben dem BAVC auch die IG BCE und der VCI, dazu entschlossen, eine Machbarkeitsstudie für einen Branchenstandard zur Achtung der Menschenrechte in globalen Lieferketten in Angriff zu nehmen. Ziel ist es herauszufinden, ob ein Branchenstandard für die chemische und pharmazeutische Industrie unter dem Dach der gemeinsamen Nachhaltigkeitsinitiative möglich ist. Mit Ergebnissen ist diesen Sommer zu rechnen.