Weiterbildung fördern: Freiwilligkeit vor Zwang
Digitalisierung, Dekarbonisierung und der demografische Wandel stellen die Betriebe und ihre Beschäftigten auch in den kommenden Jahren vor große Herausforderungen im Hinblick auf erforderliche Qualifizierungsmaßnahmen. Individuelle Karriereziele und betriebliche Anforderungen müssen dabei sinnvoll miteinander verknüpft und die Vielfalt der beruflichen Gestaltungsoptionen genutzt werden.
Kein pauschales Recht auf Weiterbildung
Da Weiterbildung dem Prinzip der geteilten Verantwortung folgt, ist ein gesetzlich verankerter Weiterbildungsanspruch abzulehnen – insbesondere, wenn zusätzlich eine vollständige Kostenübernahme durch die Arbeitgeber gefordert wird. Weiterbildung sichert nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, sondern auch die Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeitenden, die somit gleichermaßen Verantwortung für ihre Qualifizierung tragen. Finanzielle Lasten müssen daher verantwortungsgerecht verteilt werden. Hier setzen auch die zahlreichen Fördermöglichkeiten etwa durch die Bundesagentur für Arbeit (BA) oder das Bundesbildungsministerium an, die kontinuierlich weiterentwickelt werden müssen, um sie noch praktikabler zu machen.
Bestehende Angebote nutzen
Um den Bedarf der Betriebe sowie individuelle Perspektiven der Beschäftigten überhaupt ermitteln und daraus Qualifizierungsmaßnahmen ableiten zu können, braucht es unterschiedliche Methoden: Der persönliche Austausch zwischen Führungskraft und Beschäftigten ist dabei ebenso wichtig wie moderne Analyseinstrumente. Hier setzen die Angebote der Chemie-Sozialpartner im Rahmen der Qualifizierungsoffensive Chemie (QOC) an: Der Future Skills Report beispielsweise analysiert mithilfe von künstlicher Intelligenz zukünftige Kompetenz-Trends der Branche. Mit dem Qualifikationsanalysetool PYTHIA-Chemie steht im Herbst zudem ein niederschwelliges Angebot zur Kompetenzerfassung in den Mitgliedsunternehmen zur Verfügung. Auch wenn ein Umbau der Bundesagentur für Arbeit zu einer regelrechten „Bundesweiterbildungsbehörde“ keinen Mehrwert für die betriebliche Praxis bietet, so ist eine weitere Professionalisierung der Kernkompetenzen der BA durchaus zu begrüßen. Dazu zählt eine flächendeckende Präsenz sowie eine Lotsen- und vor allem Beratungsfunktion gegenüber Jugendlichen, Arbeitnehmern und auch Arbeitgebern, die sich am betrieblichen Bedarf und den regionalen Anforderungen ausrichtet. Hier setzt das Pilotprojekt der Chemie-Sozialpartner an, das gemeinsam mit der BA in den drei Pilotregionen Hessen, Nordost und Nordrhein aufgesetzt wird und interessierten Unternehmen und Beschäftigten einen vereinfachten Zugang zum Beratungsangebot teilnehmender Arbeitsagenturen ermöglichen soll.