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Die Steigerung der Verbraucherpreise ist seit Monaten in aller Munde. Von „Inflations-Hammer“ oder „Preisschock“ ist die Rede. Die „Mega-Inflation“, so die Boulevardpresse, „frisst unser Geld auf“. Doch ist das tatsächlich so? Welche Einflüsse steuern aktuell die Verbraucherpreise? Und sollte die Lohnpolitik hier für einen Ausgleich sorgen, so wie es auch die IGBCE in ihrer Forderungsempfehlung für die Chemie-Tarifrunde 2022 postuliert?

Einmaleffekte: Mehrwertsteuer und aufgestauter Konsum

Aktuell werden die Verbraucherpreise in Deutschland von kurzfristigen pandemiebedingten Effekten, mittel- bis langfristigen Trends sowie durch bewusste politische und gesellschaftliche Entscheidungen beeinflusst.

Zu den kurzfristigen Einmaleffekten gehört, dass im Jahr 2020 die Mehrwertsteuer über sechs Monate abgesenkt worden war. Nun gelten wieder die normalen Steuersätze. Dadurch sind die Preise im Vergleich mit dem Vorjahr bereits wieder gestiegen – aber nur um so viel, wie sie zuvor in 2020 auch gesunken waren. Auch der nachgeholte Konsum im zweiten Halbjahr 2021, nach der monatelangen Schließung von vielen Geschäften und Dienstleistungsangeboten, gibt den Anbietern derzeit die Chance, höhere Preise durchzusetzen. Beide Effekte, die im Vorjahresvergleich gestiegene Mehrwertsteuer und die zusätzliche Nachfrage nach dem Lockdown, werden in 2022 schnell auslaufen und die sich hieraus ergebenden Preissteigerungen mit ihnen.

Lieferkettenproblematik bringt mittelfristige Effekte

Andere Folgen der Pandemie werden einen eher mittelfristigen Effekt auf die Preise ausüben. So sind die Lieferketten nach wie vor global gestört und nicht alle Produkte sind überall dort verfügbar, wo sie nachgefragt werden. Oft handelt es sich dabei um Zwischen- oder Vorprodukte für die industrielle Fertigung. Dieser Angebotsmangel treibt die Preise und verteuert die Produktion an vielen Stellen. Das bekannteste Beispiel hierfür sind Mikrochips. In der Folge haben sich Waren verteuert, die in den letzten Jahren einen dämpfenden Einfluss auf die Inflation ausgeübt haben, weil sie immer preiswerter wurden oder bei gleichem Preis höhere Leistungen geboten haben, so zum Beispiel Computer, Smartphones oder Fernseher. Auch wenn diese Steigerungen bei den Preisen noch nicht direkt zum Jahresanfang 2022 verschwinden werden, so ist doch auch hier davon auszugehen, dass es sich nicht um dauerhafte Effekte handelt.

Ähnlich verhält es sich mit den Folgen der globalen Konjunkturpakete. Vor allem in den USA, aber auch in Europa, haben die Regierungen Konjunkturpakete in Milliardenhöhe aufgelegt. Damit pumpen sie riesige Geldbeträge in den Wirtschaftskreislauf. Diese Stützung der Konjunktur hat auch Auswirkungen auf die Inflationserwartungen von Unternehmen und Bürgern. Es ist aber ein politisch gewollter oder zumindest in Kauf genommener Effekt; und dieser wird nach dem Ende der Programme zur Stützung der Konjunktur auslaufen.

Rohstoff- und Energiepreise steigen deutlich

Preissteigerungen bei Öl, Gas und Energie sind zum Teil auch auf ein global knappes Angebot zurückzuführen. Weltweit hat die Produktion von Öl und Gas das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht; die Gasspeicher in Europa sind nicht gut gefüllt und der Winter steht bevor. Ein anderer Teil der Preiseffekte an dieser Stelle ist aber auf die bewusste politische Entscheidung der Verteuerung von CO2-Emissionen zurückzuführen. Ziel ist, dass der Verbrauch dieser Güter zurückgefahren wird. Hierfür werden die Preise gezielt angehoben. Dieser Effekt dürfte sich in den kommenden Jahren noch verstärken, denn weitere Steigerungen beim CO2-Preis sind angekündigt.

Im Ergebnis gibt es mit Blick auf die aktuell hohen Inflationsraten Grund zu der Annahme, dass diese schon bald wieder deutlich sinken werden, wenn die pandemiebedingten Einmaleffekte und kurzfristigen Einflüsse auslaufen. Ganz so niedrig, wie die Preissteigerung in den zurückliegenden zehn Jahren oftmals war, wird sie aller Voraussicht nach nicht wieder werden (können). Sie dürfte näher an den zwei Prozent liegen, die die Notenbanken ohnehin mit ihrer Geldpolitik anstreben. Hintergrund dafür sind aber vor allem bewusste politische Entscheidungen.

Folgen für die Tarifpolitik?

Bei der Betrachtung möglicher Folgen für die Lohnpolitik in Deutschland hilft zunächst ein Blick in den Rückspiegel. Dabei wird klar, dass der lohnpolitische Verteilungsspielraum in der vergangenen Dekade mehr als ausgenutzt wurde. Das gilt sowohl gesamtwirtschaftlich wie auch in der chemisch-pharmazeutischen Industrie. So sind die Tariflöhne in unserer Branche seit 2010 um fast 30 Prozent gestiegen und die Arbeitskosten sogar um über 40 Prozent – und das bei leicht sinkender Produktivität. Die Verbraucherpreise lagen zuletzt trotz der Corona-Sondereffekte aber nur um 16 Prozent über denen von 2010. Die Reallöhne sind also bis zuletzt kräftig gestiegen. „Nachholbedarf“ gibt es in der Chemie sicher nicht.

Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale

Alle Gutachten der vergangenen Wochen warnen dabei ausdrücklich vor der Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale. Denn der Anteil der Preissteigerungen in Deutschland, der auf gestiegene Preise für importierte Vorprodukte und Rohstoffe zurückgeht, führt hierzulande nicht zu höheren Margen oder Gewinnen. Wenn mit dieser Begründung nun aber die Löhne zusätzlich angehoben würden, zwingt dies die Unternehmen zu weiteren Preiserhöhungen, denn die höheren Kosten müssen wieder verdient werden. Dies provoziert die nächsten Lohnforderungen usw. usw. Gewinne, die durch globale Knappheiten entstehen und ins Ausland abfließen, erhöhen den inländischen Verteilungsspielraum nicht; sie reduzieren schlicht den inländischen Wohlstand.

Ähnlich verhält es sich mit den politisch gewollten Verteuerungen beim CO2-Preis. Hier will der Staat einen Effekt im Sinne der Verbrauchsreduzierung erzielen. Würde dieser Effekt durch die Lohnpolitik ausgeglichen und die persönliche Verhaltensanpassung damit vermieden, zwingt dies die Politik zu noch höheren Preissteigerungsschritten. Auch hier kommt schnell eine negative Spirale in Gang. Diese Steigerungen bei den Kosten für die Beschäftigten können nur durch individuelle Verhaltensänderung kompensiert werden.

Auch Unternehmen zahlen drauf

Zudem treffen die hohen Preise bei Rohstoffen und Vorprodukten durch globale Verknappungen die Unternehmen genauso wie die Beschäftigten; und dasselbe gilt für die steigenden CO2-Preise. Auch dies begrenzt die Spielräume für zusätzliche Lohnforderungen. Im Herbstgutachten folgern die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute daher zurecht, dass sich auf absehbare Zeit die Konsummöglichkeiten verringern werden und dass es nur durch gegenwärtigen Konsumverzicht möglich sein wird, die avisierten Emissionsziele zu erreichen. Die Lohnpolitik sollte also auf die Realeinkommenseffekte der CO2-Bepreisung nicht reagieren, würde sie doch andernfalls auch die Kosten der Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität steigern und deren Anpassung, die auch für die Sicherung der Arbeitsplätze am Standort essenziell ist, zusätzlich erschweren.

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