Tarifrunde #Chemie22: Brücken bauen
Der russische Angriff auf die Ukraine mit all seinen Folgen hat die Rahmenbedingungen auch für Tarifverhandlungen von Grund auf verändert. Einerseits ist die Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung so groß wie seit Jahrzehnten nicht. Folgerichtig hat der Verband der Chemischen Industrie (VCI) seine Prognose für 2022 zurückgezogen. Andererseits sind explodierende Preise für Rohstoffe und Energie eine zusätzliche schwere Belastung für Unternehmen und Beschäftigte, die seit Kriegsbeginn voll durchschlägt. In dieser Gemengelage einen Tarifabschluss für 1.900 Unternehmen mit 580.000 Beschäftigten auszuhandeln, gleicht einem Drahtseilakt.
Krisengerechter Abschluss hat oberste Priorität
Die Chemie-Tarifrunde ist „die erste große Branchentarifrunde, in der sich der Zielkonflikt zwischen stark steigenden Verbraucherpreisen und den ökonomischen Folgen der Konfrontation mit Russland in ganzer Schärfe stellt“, schreibt die FAZ. Mit anderen Worten: Die Herausforderung, einen krisengerechten Abschluss zu verhandeln, ist riesengroß. Da ist es ein wichtiges Signal, dass IGBCE und Arbeitgeber schon seit der ersten bundesweiten Verhandlung Ende März gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Wie die Arbeitgeber sieht auch die IGBCE klar und deutlich, dass „seit dem 24. Februar alles anders ist“, so Ralf Sikorski, Verhandlungsführer der Gewerkschaft, gegenüber dem Handelsblatt. Die IGBCE sei bereit, „eine Brücke zu bauen über das Tal der Unsicherheit.“
Dauerhafte Belastungen begrenzen
BAVC-Verhandlungsführer Hans Oberschulte wertet die Idee einer Brücke als Fortschritt für die Verhandlungen: „Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Eine Brücke wäre außergewöhnlich – sie trägt aber nur, wenn die Belastungen moderat und kalkulierbar sind. Im Kern geht es darum, wie wir dauerhafte Belastungen für die Unternehmen begrenzen und zugleich die Folgen der Inflation für die Beschäftigten dämpfen.“ Die Aufgabe für die nächste Verhandlungsrunde am 4. und 5. April in Wiesbaden ist damit klar: „Wir müssen austarieren, welche Belastungen wir den Unternehmen dauerhaft zumuten und welche nur temporär sein können.“