Rente mit 63: Politischer Bumerang
In der von Bundeskanzler Olaf Scholz angestoßenen Debatte um das tatsächliche Renteneintrittsalter hat sich Arbeitsminister Hubertus Heil als besonders „flexibel“ hervorgetan: In mehreren Interviews forderte er ein Umdenken der Unternehmen. Diese müssten endlich mehr ältere Beschäftigte einstellen, mehr altersgerechte Arbeitsplätze schaffen und so die „Wachstumsbremse“ lösen, die der – nach Heils Lesart – von den Arbeitgebern verschuldete Fachkräftemangel verursacht.
Fehlanreize werden nicht beseitigt
Dass die Partei des Arbeitsministers die „Rente mit 63“ nicht nur in der großen Koalition durchgesetzt hat, sondern auch bis heute verteidigt? Dass der vorzeitige abschlagsfreie Rentenzugang viel häufiger genutzt wird als von der damaligen Bundesregierung prognostiziert? Dass dieses Wahlgeschenk der SPD zum Bumerang geworden ist, das den Unternehmen genau jene Fachkräfte entzieht, deren Einstellung Heil nun fordert? Dazu schweigt der Bundesarbeitsminister.
Damit die Arbeit in unserer alternden Gesellschaft bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter erledigt wird, braucht es eben nicht nur angepasste Arbeitsplätze, die es in vielen Unternehmen schon gibt. Systematische Fehlanreize wie die Rente mit 63 müssen beseitigt werden, damit uns die Fachkräfte nicht noch schneller ausgehen, als die demografische Entwicklung vorgibt. Diese „Wachstumsbremse“ stammt aus der Werkstatt der Sozialdemokratie.
Staat verschärft Fachkräfte-Problem
Arbeitgeber-Präsident Rainer Dulger hat recht: „Den Äußerungen des Bundesarbeitsministers mangelt es an Respekt gegenüber den Leistungen der Betriebe.“ Die haben maßgeblich dazu beigetragen, die Quote der Erwerbstätigen im Alter von 55 bis 65 Jahren zu verdoppeln: von 37 auf 72 Prozent seit 2001. Hinzu kommt, dass der Staat das Arbeits- und Fachkräfteproblem zusätzlich verschärft, indem staatliche Zuständigkeiten immer weiter ausgedehnt werden. Erstmals seit zwei Jahrzehnten arbeiten wieder mehr als fünf Millionen Menschen für Bund, Länder und Kommunen. So richtig die Analyse des Bundeskanzlers zu Frühverrentungen ist, so irreführend sind die Schlüsse, die der Arbeitsminister daraus zieht.