Chemie-Beschäftigtenstruktur (Teil 1): Über 40 Nationen und mehr Ältere
In der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland arbeiten zur Zeit rund 477.000 Menschen. Das sind gut 2 Prozent mehr als noch zu Beginn dieses Jahrzehnts. Verglichen mit dem Jahr 2010 ist die Zahl der Beschäftigten sogar um 15 Prozent gestiegen. Eine noch höhere Zahl an Mitarbeitenden als derzeit verzeichnete die Branche zuletzt vor einem Vierteljahrhundert im Jahr 1998. Damals waren es gut 484.000 Menschen. Soweit die Werte der amtlichen Statistik, wie sie vom Statistischen Bundesamt ausgewiesen werden.
Es gibt aber auch noch weitere Statistiken und Abgrenzungen: So sind in den tarifgebundenen Mitgliedsunternehmen der Chemie-Arbeitgeberverbände sogar etwa 580.000 Menschen tätig. In diesen Verbänden sind neben Betrieben aus der chemisch-pharmazeutischen Industrie auch Unternehmen aus den Bereichen Gummi- und Kunststoffwaren sowie der Mineralölverarbeitung organisiert. Dementsprechend größer fällt die Gesamtsumme der Mitarbeitenden aus. Und auch die Bundesagentur für Arbeit führt eigene Statistiken. Sie zählt die sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personen nach Wirtschaftsbereichen. In dieser Betrachtung wurden für die Branchen im Bereich der Herstellung von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen zuletzt insgesamt gut 514.000 Mitarbeitende ausgewiesen.
Woher unsere Beschäftigten kommen
Die Bundesagentur für Arbeit erfasst dabei in ihrer Statistik auch die Nationalität der jeweiligen Beschäftigten. Hier zeigt sich eine große Diversität. In der Branche sind Menschen aus über 40 Nationen tätig. Beschäftigte mit deutscher Staatsangehörigkeit stellten dabei zuletzt einen Anteil von gut 90 Prozent. Unter den knapp 9,7 Prozent aller Mitarbeitenden, die keinen deutschen Pass besitzen, kam jeweils in etwa eine Hälfte aus Staaten der Europäischen Union und die andere Hälfte aus Ländern außerhalb der EU.
Den größten Anteil an den ausländischen Beschäftigten nehmen dabei Mitarbeitende mit türkischem Pass ein. Sie stellen fast 9.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in der Branche und damit rund 1,7 Prozent aller Mitarbeitenden. Ebenfalls eine vierstellige Anzahl an Beschäftigten besitzen die Staatsangehörigkeit von Italien (0,8 Prozent aller Chemie-Beschäftigten), Polen (0,6 Prozent), Rumänien, Kroatien, Österreich und Frankreich (je 0,4 Prozent), Griechenland und Spanien (je 0,3 Prozent) sowie Russlands (0,2 Prozent).
Zuletzt ist der Anteil aller Mitarbeitenden, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besaßen, leicht gestiegen. Waren es Ende 2019 noch 8,5 Prozent, so stieg der Wert drei Jahre später auf 9,7 Prozent. Der Anstieg verteilte sich dabei recht gleichmäßig auf viele Nationalitäten. Spürbare Steigerungen entfielen auf Beschäftigte aus Rumänien und Polen; und auch aus der Ukraine arbeiten heute mit etwa 800 doppelt so viele Menschen in der chemisch-pharmazeutischen Industrie als vor drei Jahren.
Mitten im demografischen Wandel
Die Analyse der Daten der Bundesagentur für Arbeit zu den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zeigt zudem: Der demografische Wandel ist auch in der chemisch-pharmazeutischen Industrie längst angekommen. Die Mitarbeitenden der Branche waren Ende 2022 im Durchschnitt 43,2 Jahre alt. Gegenüber dem Vorjahr hat sich damit allerdings zunächst keine weitere Veränderung ergeben. 2015 betrug das Durchschnittsalter in der Chemie erst 42,8 Jahre. Und am Anfang des Jahrtausends waren die Beschäftigten mit damals 40,1 Jahren im Schnitt sogar noch mehr als drei Jahre jünger als heute.
Die Zahl der jungen Beschäftigten unter 25 Jahren lag nach den aktuellsten Daten Ende 2022 bei 7,5 Prozent. Zu Beginn des Jahrtausends waren es noch 8,5 Prozent aller Mitarbeitenden, die in diese Kategorie fielen. Der Anteil der Gruppe der 25- bis 39-Jährigen an allen Beschäftigten hat zuletzt allerdings sogar wieder leicht zugelegt. Zuletzt stellten sie 33,4 Prozent aller Menschen, die in der Branche arbeiten. Das sind etwas mehr als noch 2020 (32,6 Prozent), aber immer noch deutlich weniger als zu Beginn des Jahrtausends mit damals über 40 Prozent. Grund für die leichte Steigerung ist sicherlich der Beschäftigungsaufbau im vergangenen Jahrzehnt, bei dem auch viele jüngere Menschen eingestellt wurden, die jetzt in diese Kategorie fallen.
Fast jeder Zehnte ist über 60 Jahre alt
In der mittleren Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen hat es mit Blick auf den Anteil an allen Beschäftigten zuletzt keine wesentlichen Veränderungen gegeben. Bei den älteren Mitarbeitenden in der Branche ist der Anteil der 50- bis 59-Jährigen mit nun 27,7 Prozent zuletzt leicht rückläufig gewesen. 2020 lag der Wert noch bei 29,3 Prozent. Hier zeigt sich, dass die geburtenstarken Jahrgänge langsam aus dieser Alterskategorie hinauswachsen und die nachkommenden Jahrgänge deutlich schwächer besetzt sind.
Wie in den zurückliegenden Jahren ist der Anteil der Mitarbeitenden ab dem Alter 60 hingegen weiter deutlich gewachsen. Sie stellen nun 9,6 Prozent aller Beschäftigten. Fast jeder Zehnte, der in der Branche tätig ist, fällt nun in diese Altersklasse. Im Jahr 2000 hatte der Anteil erst bei 2,5 Prozent gelegen – damit war damals nur jeder 40. Beschäftigte 60 Jahre oder älter. In den Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie arbeiten inzwischen auch fast 1.000 Menschen, die das 66. Lebensjahr bereits vollendet haben, aber weiter einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen.
Info: Im zweiten Teil des Artikels in der November-Ausgabe des BAVC-Impuls werden wir unter anderem beleuchten, in welchen Entgeltgruppen die Mitarbeitenden der Branche heute schwerpunktmäßig tätig sind, wie groß der Anteil der Schichtbeschäftigten ist und wie viele in Teilzeit arbeiten.