Aktualisierte Sozialpartnervereinbarung: Keine Drogen in der Arbeitswelt
Der Konsum und die Auswirkungen von Drogen sind ein ernstzunehmendes gesellschaftliches Problem, das in die Unternehmen der chemischen Industrie als Spiegelbild der Gesellschaft hineinreicht. Zu Drogen zählen (psychowirksame) Substanzen, Sucht- und Rauschmittel jeglicher Art sowie stoffungebundene Abhängigkeiten. Mit der Teillegalisierung von Cannabis durch das Cannabisgesetz ergeben sich neue Herausforderungen für die Arbeitswelt.
Die Chemie-Sozialpartner IGBCE und BAVC sehen deshalb Handlungsbedarf auf staatlicher und berufsgenossenschaftlicher Ebene zur entsprechenden Weiterentwicklung der rechtlichen und sicherheitsrechtlichen Rahmenbedingungen. Daher haben wir die gemeinsame Sozialpartnervereinbarung „Keine Drogen in der Arbeitswelt“ aktualisiert und unterzeichnet. Näheres zur Vereinbarung finden Sie in diesem Artikel.
Erfahrungen nutzen und weiterentwickeln
Es ist allgemein bekannt, dass z.B. Alkohol- und Suchtmittelmissbrauch am Arbeitsplatz zu erheblichen Problemen führen kann. Dementsprechend existieren in vielen Betrieben seit Jahren Vereinbarungen über „Betriebliche Hilfsmaßnahmen bei Suchterkrankungen“ mit dem Ziel, für dieses Themenfeld präventiv zu sensibilisieren, Auffälligkeiten rechtzeitig zu erkennen und Suchtkranken bzw. -gefährdeten eine Chance zur Therapie und zur Wiedereingliederung in das Arbeitsleben zu eröffnen.
Übergeordnetes Ziel der Betriebsvereinbarungen und Aktivitäten war und ist der Schutz der Beschäftigten, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der Umwelt vor den Risiken drogenbedingten Fehlverhaltens. Auf den Erfahrungen kann für den Umgang mit der Teillegalisierung von Cannabis aufgebaut werden.
Suchtmittel können zu Persönlichkeitsveränderungen führen
Infolge des sich verändernden Drogenkonsumverhaltens sowie der Teillegalisierung von Cannabis hat sich eine zusätzliche Herausforderung ergeben, die bis in das Arbeitsleben hineinreicht.
Während die Folgen des Alkoholkonsums in ihrer Wirkung und Dauer hinreichend bekannt sind, können die Nachwirkungen des Konsums anderer (Sucht-)Mittel und illegaler Drogen dagegen nicht immer mit Sicherheit abgeschätzt und bewertet werden. Das gilt auch für Cannabis und dessen Abbauprodukte.
Eine akute Wirkung kann sich zum Beispiel durch eine Reduzierung von Funktionen wie Kurzzeitgedächtnis, Entfernungseinschätzung und Reaktionsvermögen sowie Konzentrations- und Motivationsverlust bemerkbar machen. Möglich ist auch eine erhöhte Risikobereitschaft. Dadurch kann die Unfall- und Verletzungsgefahr am Arbeitsplatz steigen.
Sicherheitsgerechtes Verhalten am Arbeitsplatz
Der Konsum von Drogen und Suchtmitteln ist deshalb nicht nur ein ernstzunehmendes gesellschaftliches, sondern auch ein sicherheits- und umweltrelevantes Problem, wenn unter Einfluss von Drogen und Suchtmitteln gearbeitet wird. Chemische Betriebe sind ihren Beschäftigten, ihrer Nachbarschaft und der umgebenden Umwelt in ihrem Wirkungsgefüge besonders verpflichtet. Sie sind deshalb vor allem bei Tätigkeiten, die eine Eigen- bzw. Fremdgefährdung mit sich bringen können, auf verantwortungsbewusste und kompetente Mitarbeitende angewiesen.
Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet die Unternehmensleitungen, die erforderlichen Maßnahmen unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Dieses Gesetz formuliert auch als Pflichten der Beschäftigten, dass sie nach ihren Möglichkeiten für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit Sorge zu tragen haben.
NULL Rausch bei Arbeit und Bildung
Auch die Regelungen der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1) sind eindeutig: So dürfen sich Versicherte durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können. Gleichzeitig dürfen Unternehmer Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen.
Deshalb unterstützen auch die Chemie-Sozialpartner die Forderung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung: NULL Alkohol und NULL Cannabis – NULL Rausch – bei Arbeit und Bildung.
Präventionskonzepte weiterentwickeln
Unternehmensleitungen, Betriebsräte und weitere Fachthemen-Verantwortliche in der chemischen Industrie sind deshalb gefordert, unter Einbindung der Beschäftigten betriebliche Vorgehensweisen und Praktiken weiterzuentwickeln und einzusetzen, die den Schutz der gesamten Belegschaft sowie der Allgemeinheit gewährleisten können.
Die Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie (BG RCI) kann hierbei mit Beratung und Informationsmaterialien zu Auswirkungen des Arbeitens unter Einfluss von Drogen und (stoffungebundenen) Suchtmitteln und damit auch von Cannabis unterstützen.
Bei Suchtfragen können z.B. die Expertinnen und Experten der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) herangezogen werden.
BAVC und IGBCE fordern die Unfallversicherungsträger auf, den Ausbau der Forschung von Suchtmittelmissbrauch – insbesondere den Umgang mit Cannabis – um die Wirkungsbeziehungen des Konsums zu sicherheitsrelevantem Umgang voranzutreiben. Gleichzeitig fordern die Sozialpartner die Sicherstellung einer nachhaltigen Suchtmittelprävention auf allen Ebenen.