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Neben dem Manteltarifvertrag (MTV) ist der Bundesentgelttarifvertrag (BETV) eine der wichtigsten Säule der tariflichen Regelungen in der Chemie. Kern des BETV ist die Bewertung und strukturierte Einteilung der Arbeitsplätze in Entgeltgruppen, die Regelung für die Höhergruppierung sowie verschiedene Zulagen.

Von Regelung im MTV hin zum eigenen BETV

Bis in die siebziger Jahre waren die Entgeltgruppen ein Bestandteil des Manteltarifvertrages, dann wurde jedoch auf regionale Entgelttarifverträge umgestellt. Diese Umstellung hielt bis 1988 - das Geburtsjahr des Bundesentgelttarifvertrages. Mit dessen Inkrafttreten wurde die Entgeltstruktur bundeseinheitlich zusammengefasst. Gleichzeitig wurde auch die veraltete Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten aufgehoben. Die regionalen Entgelttarifverträge bestehen jedoch bis heute und regeln nun die konkrete Höhe der Entgelte für die einzelnen Entgeltgruppen sowie die Ausbildungsvergütungen.

Die wichtigsten Bestimmungen auf einen Blick:

Entgeltgruppen als Garant für Entgeltgleichheit

Der BETV sieht 13 Entgeltgruppen vor. Für die Frage, in welche Entgeltgruppe der Beschäftigte einzugruppieren ist, sind ausschließlich die Anforderungen an die ausgeübten Tätigkeiten maßgeblich - ein Garant dafür, dass für dieselbe Tätigkeit dasselbe Entgelt gezahlt wird.

Welche Anforderungen an die ausgeübten Tätigkeiten für die verschiedenen Entgeltgruppen gestellt werden, ist in den tariflichen Oberbegriffen in § 7 BETV definiert. Im Vordergrund stehen dabei die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die mit der Tätigkeit einhergehende Verantwortung. Ausbildungen, Zusatzausbildungen oder Berufserfahrung sind hierbei der Gratmesser für die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten. Ergänzt werden die Oberbegriffe mit sogenannten Richtbeispielen. Dabei handelt es sich um Beschreibungen typischer Tätigkeiten, die unter den jeweiligen Oberbegriff anfallen. Diese sind jedoch nicht abschließend.

Tarifsätze - Erfahrung lohnt sich

Für einen Beschäftigten, der langjährig auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt wird, ändert sich die Eingruppierung nicht. Jedoch honoriert der BETV die aufgrund von Erfahrungen auf diesem Arbeitsplatz erworbene Routine der Beschäftigten mit dem System „Jahre in der Gruppe“. In der Regel steigt das Gehalt alle zwei Jahre bis man nach sechs Jahren den Endsatz erreicht hat. Durch diese Entwicklung kann das Gehalt über die Jahre um bis zu 35 Prozent steigen.

Höhergruppierung = Gehaltsplus

Auch für den Fall, dass sich die Tätigkeit einmal ändern sollte und man „höherwertige“ Tätigkeiten übernimmt, gibt es spezielle Regelungen im BETV. Diese stellen sicher, dass jede Höhergruppierung mit einem Gehaltsplus einhergeht. Die Höhe des Gehaltsplus variiert, allerdings ergibt sich durch die 2024 neu eingeführte Höhergruppierungszulage ein Betrag von mindestens 100 Euro. Einzig bei der Höhergruppierung in die Entgeltgruppen E2 bis E4 und in den Endsatz kann das Gehaltsplus geringer ausfallen. In bestimmten Fällen kann darüber hinaus auch die Erfahrung in der bisherigen Tätigkeit berücksichtigt werden. Aufgrund der bereits erworbenen Kenntnisse wird dann die Zeit bis zum nächsten Tarifsatz angepasst. Hierzu gilt die für den nächst höheren Tarifsatz in der neuen Entgeltgruppe geforderte zeitliche Zugehörigkeit zur Hälfte als erfüllt.

Zulagen für besondere Situationen

Neben dem Entgeltsystem regelt der BETV auch besondere Zulagen. Die wichtigste Zulage ist dabei die Erschwerniszulage. Sie wird als Ausgleich für besonders schwierige Arbeitsbedingungen und außergewöhnliche Erschwernisse, unter denen die Arbeit zu leisten ist, gezahlt. In der chemischen Industrie kommen diese außergewöhnlichen Erschwernisse insbesondere in Form von Schmutzarbeiten, lästigen Arbeiten (z.B. unter nachhaltigen Einwirkungen von hohen Temperaturen, besonders belastendem Lärm, usw.) oder bei Arbeiten, die das regelmäßige Tragen einer lästigen persönlichen Ausrüstung erfordern, vor. Daneben werden im BETV aber auch Zulagen für den Vertretungsfall geregelt. Diese Zulage fällt immer dann an, wenn der Beschäftigte auf Anordnung des Vorgesetzen die Aufgaben eines Kollegen einer höheren Entgeltgruppe für eine gewisse Dauer vollwertig übernimmt.

Öffnungsklauseln für mehr Gestaltungsspielraum

Für eine größtmögliche Flexibilität, auch in Fragen der Entgelthöhe, steht der Entgeltkorridor in § 10 BETV. Diese Tariföffnungsklausel ermöglicht es Unternehmen die Tarifentgelte um bis zu 10 Prozent abzusenken. Voraussetzung ist, dass dies der Sicherung der Beschäftigung und/oder der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit dient. Es handelt sich folglich nicht um eine reine Notfallklausel, die „rote Zahlen“ voraussetzt. Auch eine betriebliche Wettbewerbssituation kann die Nutzung des Entgeltkorridors rechtfertigen.

Hierzu muss im ersten Schritt eine Betriebsvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossen werden. Da diese freiwillig ist und folglich nicht gerichtlich oder durch eine Einigungsstelle erzwungen werden kann, muss ein Einvernehmen erzielt werden. Konnte diese Betriebsvereinbarung bisher nur befristet geschlossen werden, ist seit September 2024 auch eine unbefristete Betriebsvereinbarung möglich. Nach Abschluss der Betriebsvereinbarung bedarf es zur Wirksamkeit außerdem der Zustimmung der Tarifvertragsparteien BAVC und IGBCE.

Der Entgeltkorridor kann auch mit dem tariflichen „Arbeitszeitkorridor“ des MTV kombiniert werden. Über diesen kann statt der tariflich grundsätzlich geltenden 37,5 Wochenstunden eine wöchentliche Arbeitszeit zwischen 32 und 40 Stunden vereinbart werden. Mit der veränderten Wochenarbeitszeit geht auch eine entsprechende Anpassung des Monatsentgelts einher. Durch die Kombination des Arbeitszeitkorridors mit dem Entgeltkorridor kann z.B. eine kostenneutrale Anhebung der Arbeitszeit auf 40 Stunden pro Woche erfolgen. Hierzu müssen die Entgelte um 6,25 Prozent abgesenkt werden.

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