Chemie³-Praxisguide Nachhaltigkeitsberichterstattung: Unterstützung für die Praxis
Die Idee von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, die Nachhaltigkeitsberichterstattungspflichten mit der Kettensäge “wegbolzen” zu wollen, ist auf viel Gegenliebe gestoßen. Bei aller Euphorie ist aber klar: Der deutsche Gesetzgeber ist verpflichtet, europäische Richtlinien in nationales Recht umzusetzen. Mit einem deutschen Umsetzungsgesetz ist also zu rechnen und Unternehmen müssen sich auf das vorbereiten, was sie erwartet. Unterstützung bekommen sie von unserer Nachhaltigkeitsallianz Chemie³.
Viel Neues in schwierigen Zeiten
Unternehmen sind nicht nur wirtschaftlich unter Druck; auch die immer umfangreichere Regulatorik trifft sie hart. Im Bereich Nachhaltigkeit haben die europäischen und nationalen Gesetzgeber in der Vergangenheit besonders viel Aktionismus gezeigt: Ob Zwangsarbeit, Menschenrechte insgesamt, Entwaldung oder Berichterstattung – es vergehen kaum Wochen, in denen keine neue Regulatorik vorgeschlagen wird. So haben auch die EU-Taxonomie und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zur Nachhaltigkeitsberichterstattung hohe Wellen geschlagen.
Worum geht‘s?
Der europäische Gesetzgeber will mit der Ausweitung der Berichtspflichten dazu beitragen, dass die Transparenz und Verfügbarkeit von Informationen zur Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen verbessert wird. Daneben sollen wichtige Stakeholder wie Investoren und Kreditgeber, Kunden, Beschäftigte oder Zivilgesellschaft mehr Informationen darüber erhalten, wie das Unternehmen wirtschaftet. Klingt gut? Ist es auch. Wie so oft liegt der Teufel aber im Detail: Die EU-Taxonomie verpflichtet Unternehmen, ihre taxonomiefähigen und taxonomiekonformen Wirtschaftstätigkeiten zu bestimmen, anschließend zu schauen, ob diese unter Einhaltung eines bestimmten sozialen Mindestschutzes ausgeübt werden, und im Anschluss Quoten zu ermitteln, die taxonomiekonforme Wirtschaftsaktivitäten in Relation zu allen Wirtschaftsaktivitäten setzen. Dabei sind taxonomiefähige Wirtschaftsaktivitäten vereinfacht gesagt Tätigkeiten, die in den delegierten Rechtsakten zu diesem Thema genannt sind, und taxonomiekonforme solche Wirtschaftstätigkeiten, die einen wesentlichen Beitrag zu einem der sechs definierten Umweltziele leisten. Klingt kompliziert? Es wird noch besser.
Mit der Umsetzung der CSRD in deutsches Recht werden rund 15.000 Unternehmen (davon rund 14.500 erstmalig) verpflichtet werden, über ihre Nachhaltigkeitsentwicklungen zu berichten. Die Berichterstattung erfolgt auf Grundlage der bisher 12 European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die auf knapp 300 Seiten Details zur Nachhaltigkeitsberichterstattung regeln. Weitere ESRS, darunter auch sektorbezogene Standards für die Chemie- und Pharmaindustrie, sind zu erwarten und die Überforderung der Unternehmen ist groß. Doch genug gejammert:
Kommen wir zu Lösungen!
Unter dem Dach von Chemie³ erarbeiten BAVC, IGBCE und VCI den „Chemie³-Praxisguide Nachhaltigkeitsberichterstattung – Pflichten erfüllen, Chancen nutzen, Zukunft gestalten”. Er ist ein Angebot an Chemie-Unternehmen, das die Implementierung von Prozessen zur CSRD und EU-Taxonomie vereinfachen wird. Das Herzstück des Angebots ist ein Leitfaden, der in sechs Kapiteln die wichtigen Hintergründe erläutert und Handlungsempfehlungen für Unternehmen enthält - von den ersten Schritten über Projektstrukturen, die Durchführung einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse, strategische Ableitungen bis hin zur erstmaligen Berichterstellung und dauerhaften Berichterstattung.
Neben dem Leitfaden wird es eine Reihe von Tools geben, die die Umsetzung in der betrieblichen Praxis vereinfachen: ein Excel-Tool zur Identifizierung und Bewertung der nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen, ein Tool zur Bestimmung des taxonomiefähigen und –konformen Anteils an Umsatz, Investitions- und Betriebsausgaben, ein Leitfaden, der die Auswahl von externen IT-Dienstleistern vereinfachen soll, und natürlich weitere Tools und Vorlagen. Und das Beste ist:
Erste Bausteine liegen schon vor
Mitte Dezember konnten wir bereits die ersten Teile des neuen Chemie³- Praxisguides veröffentlichen. In den ersten beiden Kapiteln des Leitfadens finden Sie Informationen zu den gesetzlichen Hintergründen und ersten Schritten der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Nach einem Ritt durch CSRD und EU-Taxonomie sind Hilfestellungen zur Ermittlung der individuellen Betroffenheit und zum Vorgehen enthalten – beispielsweise zum Projektplan und -team, wobei auch das Thema Sensibilisierung und Schulung der Belegschaft relevant ist. Das Gute ist: Unternehmen fangen nicht bei Null an. Risikomanagement ist kein neues Konzept für Unternehmen und von ISO-Zertifizierungen bis hin zur etwaigen bisherigen Berichterstattung können sie vieles nutzen, was schon da ist.
Mehrwert für Mitglieder
Wie auch beim Chemie³-Branchenstandard für nachhaltige Wertschöpfung werden die Handlungsempfehlungen öffentlich verfügbar sein. Die Tools bleiben den Mitgliedern des BAVC, der IGBCE und des VCI vorbehalten. Anders als andere Angebote, die es zur CSRD und EU-Taxonomie bereits gibt, ist der Chemie³-Praxisguide nicht nur sehr umfassend und enthält zahlreiche Tools, die das Doing erleichtern; das Angebot ist auch chemie-spezifisch. Von Besonderheiten bei manchen Stoffen bis hin zu den Chemie-Tarifverträgen ist in den Tools alles berücksichtigt, was Chemie-Unternehmen so besonders macht.
Wie geht‘s weiter?
Wir arbeiten mit Hochdruck an den weiteren Elementen des Chemie³-Praxisguides und können Anfang 2025 voraussichtlich schon weitere Tools und Kapitel des Leitfadens vorlegen. Wenn Sie bei der Entwicklung der Materialien auf dem Laufenden sein und mitreden möchten, sind Sie herzlich eingeladen, an den nächsten “Werkstattgesprächen” teilzunehmen. Dort erfahren Sie nicht nur, woran wir aktuell arbeiten und können Ihren Input dazu geben, sondern erfahren auch, wie andere Chemie-Unternehmen sich des Themas annehmen. Die Einladung erhalten Sie von Ihrem regionalen Arbeitgeberverband.
Info: Die Inhalte des Praxisguides erarbeiten die Chemie³-Allianzpartner gemeinsam mit Unternehmen, Arbeitnehmervertretungen und der Strategieberatung „fors.earth GmbH“. Die Arbeiten an dem neuen Unterstützungsangebot sollen im ersten Halbjahr 2025 abgeschlossen sein.
Chemie³ ist ausgezeichnet: Im Dezember 2024 ist der Leitfaden „Einstieg in die Kreislaufwirtschaft in der chemischen Industrie“ vom europäischen Chemieverband Cefic mit dem European Responsible Care Award 2024 in der Kategorie „Circularity and climate neutrality“ ausgezeichnet worden. Den Leitfaden finden Sie unter chemiehoch3.de