Teilzeitaufstockungsprämie
Gut gemeint aber schlecht gemacht
Die Bundesregierung hat mit ihrer Wachstumsinitiative verschiedene steuerliche Anreize zur Steigerung des Arbeitsvolumens formuliert, u.a. die sog. Teilzeitaufstockungsprämie. Arbeitgeber können eine Prämie für die Ausweitung der Arbeitszeit Teilzeitbeschäftigter zahlen, die sodann steuerlich begünstigt wird. Missbrauch soll ausgeschlossen werden.
Informell hat das Bundesministerium der Finanzen folgende Details zu dieser Regelung mitgeteilt:
Begünstigt werden können Teilzeitbeschäftigte, die nach bisheriger Vereinbarung noch mindestens weitere 24 Monate in Teilzeit arbeiten und die ihre Arbeitszeit für mindestens zwei Jahre aufstocken wollen. Arbeitgeber können diesen Beschäftigten sodann einen steuerfreien Betrag von höchstens 225 Euro pro aufgestockter Wochenstunde, gesamt höchstens 4.500 Euro zahlen. So können maximal 20 Aufstockungsstunden gefördert werden.
Fakten
Laut Statistischem Bundesamt arbeiten in Deutschland 12 Prozent der Beschäftigten in der Chemie- und Pharmaindustrie in Teilzeit. Unter den Geschlechtern ist die Inanspruchnahme der Teilzeitarbeit höchst unterschiedlich verteilt: 27 Prozent der in der Branche beschäftigten Frauen arbeiten in Teilzeit, während der Teilzeitanteil bei den Männern unter 5 Prozent liegt.
Indem Teilzeitbeschäftigte motiviert werden, ihr Arbeitsvolumen zu erhöhen, soll ein Beitrag zur Erhöhung des insgesamt zur Verfügung stehenden Arbeitsvolumens geleistet werden.
Unser Standpunkt
Zielführend ist das Senken der Abgaben- und Steuerlast und Betreuungsausbau
Statt der Förderung einer Beschäftigtengruppe sollte generell die Abgaben- und Steuerlast der Einkommen verringert werden. Wenn der durch längere Arbeitszeiten mögliche (Netto-) Mehrverdienst allein offenbar nicht zur Motivation der Aufstockung der Arbeitszeit ausreicht, scheint die Belastung mit Steuern und Abgaben zu hoch zu sein.
Mit guten und flächendeckenden Betreuungsangeboten können positive Anreize zur Erhöhung des Arbeitsvolumens geschaffen werden, vor allem für Frauen, die ganz überwiegend familiäre Pflege und Betreuung zu Lasten einer beruflichen Tätigkeit übernehmen.
Keine neue Bürokratie
Die vorgeschlagene Prämie zur Aufstockung der Arbeitszeit bedeutet unnötige neue Bürokratie, nämlich behördliche Kontrollen und das Vorhalten entsprechender Nachweise in Unternehmen.
Mitnahmeeffekte ausschließen
Es bleibt offen, wie Mitnahmeeffekte von Beschäftigten ausgeschlossen werden, die ihre Arbeitszeit ohnehin (wieder) erhöhen wollten. Ohne dass ungeplantes zusätzliches Arbeitsvolumen geschaffen würde, bekämen diese Beschäftigten zusätzlich vom Arbeitgeber noch eine steuerfreie Prämie.
Tarifautonomie und tarifpolitische Innovation schützen
Eine gesetzlich verankerte freiwillige Prämie wird Druck auf Arbeitgeber bei Tarifverhandlungen ausüben, diese Prämie tarifvertraglich verbindlich zu machen. Damit würden bereits bestehende branchenspezifische tarifpolitische Lösungen entwertet, mit denen das Arbeitszeitpotential heute organisiert wird.
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