Tarifrunde #Chemie22: Tarifpolitik im Krisen-Modus
Die Energiekrise trifft unsere Branche immer härter: In allen Sparten ist die Produktion im zweiten Quartal zurückgegangen. Für das Gesamtjahr rechnet der VCI mit einem Einbruch um 5,5 Prozent, für die Chemie ohne Pharma sogar um 8,5 Prozent. Auf die Betriebe rollt eine Kostenlawine bei Gas und Strom zu, die erste Unternehmen bereits zum Drosseln oder Abschalten von Anlagen zwingt. Kurz gefasst: Die Lage ist äußerst angespannt.
Arbeitgeber fordern Pakt für Wettbewerbsfähigkeit
Die IGBCE weigert sich bislang, ihre Erwartungen für die Tarifrunde an die kritische Lage der Branche anzupassen. Sie fordert unverändert eine „nachhaltige Kaufkraftsteigerung“ für die Beschäftigten. Die „meisten Arbeitgeber“ verdienten „weiterhin gut“, zudem seien Löhne kein zentraler Kostenfaktor in der Branche. Das wird dem Ernst der Lage nicht gerecht: „Die Folgen des Krieges sind so dramatisch, dass an eine normale Tarifrunde nicht zu denken ist. Zusätzliche dauerhafte Belastungen sind in der Breite der Branche derzeit nicht tragbar“, kritisiert BAVC-Verhandlungsführer Hans Oberschulte. „Als Sozialpartner müssen wir jetzt alles tun, um Standort und Beschäftigung zu stabilisieren. Wir brauchen einen Pakt für Wettbewerbsfähigkeit, kein Wettrennen um Lohnprozente.“
Inflationsausgleich ist kein Naturgesetz
Für die Fortsetzung der Verhandlungen am 17. und 18. Oktober steht damit die Frage im Mittelpunkt, wer für die steigenden Preise zahlen soll. Für die Chemie-Arbeitgeber ist klar: Es ist kein Naturgesetz, dass der Arbeitgeber die Inflation durch höhere Entgelte ausgleicht. Oberschulte: „Die Folgen des Krieges führen zu weniger Wohlstand und explodierenden Kosten für Beschäftigte, aber eben auch für die Unternehmen. Dieses Dilemma lässt sich nicht lösen, indem der eine Betroffene mehr Geld vom anderen fordert.“ Maßstab der Tarifpolitik seien Leistungsfähigkeit und wirtschaftliche Perspektiven der Branche. „Unsere Wettbewerbsfähigkeit wie auch die Geschäftserwartungen haben sich seit April deutlich verschlechtert. Wenn der Verzicht auf dauerhafte Tarifsteigerungen im Frühjahr richtig war, ist er es in diesem Winter erst recht.“