Sozialpartnerschaft

Stärkung der Tarifbindung – jetzt!

Im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition ist vereinbart, die Tarifautonomie, die Tarifpartner und die Tarifbindung zu stärken. Im Dialog mit den Sozialpartnern sollen Schritte zur Stärkung der Tarifbindung erarbeitet werden. Nun hat das BMAS einen Referentenentwurf eines sog. Tariftreuegesetzes veröffentlicht.

Viele Gewerkschaften verlieren seit Jahren Mitglieder. Die Ursachen liegen im demografischen Wandel und einer geänderten gesellschaftlichen Sichtweise auf Gewerkschaften. Auch die Tarifbindung von Arbeitgebern nimmt ab. Zudem fällt es zunehmend schwer, Unternehmen vom Beitritt in den Flächentarifvertrag zu überzeugen. Auf Dauer funktioniert die im Grundgesetz verankerte Tarifautonomie jedoch nur mit beiderseits handlungsfähigen und mitgliederstarken Sozialpartnern. Hierfür haben die Chemie-Sozialpartner in der letzten Tarifrunde gemeinsam die Weichen gestellt. Nun ist der Gesetzgeber gefragt. Das gerade vorgestellte Gesetzespaket beinhaltet u.a. ein „Tariftreueversprechen“ als Ausführungsbedingung für öffentliche Aufträge, eine Nachunternehmerhaftung, verschiedene Informations-, Nachweis- und Dokumentationspflichten für Arbeitgeber sowie die Einrichtung von Clearing- und sonstigen Prüfstellen. Außerdem soll ein digitales Zugangsrecht für Gewerkschaften in die Betriebe gesetzlich verpflichtend eingeführt werden. Vorteile für Unternehmen, die sich durch die Mitgliedschaft im Flächentarifvertrag dauerhaft zur Anwendung der Tarifverträge verpflichten, finden sich im Gesetzesentwurf nicht.

Fakten

• Das geplante Tariftreuegesetz formuliert erhebliche bürokratische Hürden und damit Kosten für die Wirtschaft.

• Konkrete Vorteile für Mitgliedsunternehmen im Flächentarifvertrag beinhaltet der Referentenentwurf nicht.

• Die Chemie-Sozialpartner BAVC und IGBCE haben bereits im Sommer 2022 eine Sozialpartnervereinbarung zum digitalen Zugangsrecht geschlossen. Viele Unternehmen haben auf Basis dieser sozialpartnerschaftlichen Leitlinien betriebliche Vereinbarungen geschlossen.

Unser Standpunkt

Die Stärkung der Tarifautonomie ist auch eine staatliche Aufgabe

Die Chemie-Arbeitgeber bekennen sich eindeutig zur Sozialpartnerschaft. Das setzt einerseits eine mitgliederstarke Gewerkschaft und andererseits einen ebenso starken Arbeitgeberverband voraus.

Die Stärkung der Tarifautonomie ist nicht allein eine Aufgabe der Sozialpartner; der Gesetzgeber ist ebenso in der Pflicht. Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien ihren Arbeitsauftrag zutreffend formuliert. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung dieses Arbeitsauftrags sind bisher nicht erkennbar.

Mitgliedsunternehmen im Flächentarifvertrag müssen bevorzugt werden

Durch die Mitgliedschaft im Flächentarifvertrag bekennen sich Unternehmen dauerhaft zur verpflichtenden Anwendung von Tarifverträgen und garantieren damit faire Arbeitsbedingungen. Im Gegenzug müssen sie bei Gesetzen, die Arbeitsbedingungen von Unternehmen regeln, Erleichterungen erhalten.

Nur wenn die Mitgliedschaft im Flächentarifvertrag auch mit Blick auf bestehende Gesetze erkennbare Vorteile mit sich bringt, wie z.B. durch Abweichungsmöglichkeiten für Sozialpartner, wird die Tarifautonomie durch den Gesetzgeber gestärkt.

Bereits geschlossene Vereinbarungen der Sozialpartner, wie z.B. die Vereinbarung der Chemie-Sozialpartner zum digitalen Zutritt, müssen bei einschlägigen Gesetzen die Mitgliedsunternehmen bevorzugen und Erleichterungen gegenüber ungebundenen Unternehmen bieten.